Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! 500 Milliarden Euro – noch nie hat eine Bundesregierung so viel Geld in die Hand genommen, um unser Land voranzubringen. Wir investieren in Kitas, in Schulen, in Krankenhäuser, in Klimaschutz. Wir modernisieren die Verkehrswege: Straßen, Schienen, Brücken. Wir stärken die kritische Infrastruktur, auch in Zeiten neuartiger Bedrohungen. Und wir treiben Forschung und Entwicklung mit Digitalisierung voran.
Für diese Modernisierung unseres Landes wird es viele Ausschreibungen geben. Das sichert bestehende Arbeitsplätze und schafft vor allen Dingen auch neue Jobs. Als Arbeitsministerin möchte ich betonen: Sichere Jobs haben für mich absolute Priorität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei öffentlichen Ausschreibungen ist der Staat an strenge Regeln gebunden. Auch das finde ich richtig. Es geht um transparente und rechtssichere, vor allem aber auch um faire Verfahren. Zum fairen Wettbewerb gehört auch, dass wir mit Steuergeld kein Lohndumping betreiben.
Deshalb hat die Bundesregierung ein Tariftreuegesetz vorgelegt. Wir stärken denen den Rücken, die ihre Leute anständig bezahlen und gut behandeln. Wer nach Tarif bezahlt, darf bei der öffentlichen Auftragsvergabe nicht der Dumme sein.
Konkret bedeutet das: Wer Aufträge des Bundes ab einem bestimmten Schwellenwert ausführen möchte, muss für tarifliche Arbeitsbedingungen sorgen. Und hier geht es nicht nur ums Entgelt, sondern auch um Zulagen und, je nach Auftragsdauer, auch um den Mindestjahresurlaub, Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Sie können sicher sein: Wir werden das Gesetz so unbürokratisch wie möglich umsetzen. Häufig reicht schon die Vorlage einer Lohnabrechnung, um nachzuweisen, dass die Pflichten erfüllt sind. Unternehmen können sich auch von vornherein zertifizieren lassen. Dann müssen sie keinen weiteren Nachweis erbringen. Umgekehrt gilt: Wer sich nicht an die Regeln hält, kann den Auftrag auch schnell verlieren. Wir wollen eben keinen zahnlosen Tiger, sondern wir wollen ein Gesetz, das wirkt.
Videomitschnitt der Rede von Bundesministerin Bärbel Bas im Plenum zur 1. Lesung Tariftreuegesetz am 10.10.2025.
Video der Rede
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur noch die Hälfte der Beschäftigten in diesem Land arbeitet in einem Unternehmen mit Tarifbindung. Ich finde, das kann nicht so bleiben. Tarifverträge machen einen Unterschied.
Wer in einem tarifgebundenen Betrieb arbeitet, verdient in Vollzeit durchschnittlich rund 4.900 Euro brutto im Monat. Ohne Tarifbindung sind es rund 700 Euro weniger – ein Minus von gut 14 Prozent. Auch bei Urlaubstagen oder Zusatzleistungen zahlt sich ein Tarifvertrag aus. Vergangenes Jahr haben fast 90 Prozent der Tarifbeschäftigten Weihnachtsgeld erhalten. Tarifverträge sind also wie ein Stoßdämpfer zwischen Beschäftigten und Unternehmen. Ohne sie wird es holprig in der sozialen Marktwirtschaft.
Auch in der Wirtschaft weiß man: Tarifgebundene Unternehmen sind im Schnitt produktiver. Sie haben Planungssicherheit, häufig eine zufriedenere Belegschaft und sind attraktiver für Fachkräfte. Deshalb brauchen wir wieder mehr Tarifbindung in diesem Land.
Der Bundeskanzler hat bereits in seiner ersten Regierungserklärung als Priorität beschrieben, dass wir die Tarifbindung in dieser Legislaturperiode ausbauen wollen, und da nehme ich ihn auch beim Wort.
Wir werden deshalb in dieser Legislatur auch einen Nationalen Aktionsplan zur Förderung von Tarifverhandlungen vorlegen. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist wichtig; denn ein Tarif ist immer besser, als keinen Tarifvertrag zu haben.
Das ist auch wichtig für künftige Auftragsvergaben. Dieses Gesetz setzt ein klares Signal für eine starke Sozialpartnerschaft, die uns durch viele wirtschaftliche Krisen gebracht hat. Aufgrund der aktuellen Situation in den Bereichen Stahl, Chemie und Automobil ist es wichtig, dass wir auf eine starke Sozialpartnerschaft setzen, um ein Zusammenstehen in Krisen partnerschaftlich möglich zu machen.
Herzlichen Dank.