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Arbeitsmedizinische Vorsorge

Die Veränderungen in der Arbeitswelt bringen für die Beschäftigten neue Belastungen und Beanspruchungen mit sich. Gleichzeitig erfordert die demografische Entwicklung Anstrengungen zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit.

Die Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen und der Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Menschen sowie die Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes sind für Politik, Betriebe und Beschäftigte von wachsender Bedeutung. Arbeitsmedizinische Vorsorge kann technische und organisatorische Schutzmaßnahmen nicht ersetzen, durch persönliche Aufklärung und Beratung der Beschäftigten über arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren aber gut ergänzen. Ziel arbeitsmedizinischer Vorsorge ist die Früherkennung und Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen. Zugleich soll arbeitsmedizinische Vorsorge einen Beitrag zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und zur Fortentwicklung des betrieblichen Arbeitsschutzes leisten.

Beschäftigte haben das Recht, sich auf ihren Wunsch hin arbeitsmedizinisch beraten und untersuchen zu lassen. Bei bestimmten Gefährdungen am Arbeitsplatz muss der Arbeitgeber den Beschäftigten arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten. Sind die Gefährdungen besonders groß, ist eine Pflichtvorsorge vorgeschrieben.

Mittel der arbeitsmedizinischen Vorsorge

  1. arbeitsmedizinische Vorsorgetermine bei der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt einschließlich der Aufklärung und Beratung des Beschäftigten über die mit bestimmten Tätigkeiten verbundenen Gesundheitsgefährdungen sowie körperliche und klinische Untersuchungen, sofern diese erforderlich sind und der oder die Beschäftigte diese Untersuchungen nicht ablehnt,
  2. die Erfassung und Bewertung der Ergebnisse und Befunde aus der Vorsorge,
  3. arbeitsmedizinisch begründete Vorschläge an den Arbeitgeber für Maßnahmen des Arbeitsschutzes im Betrieb.

Rechtliche Grundlage

Rechtliche Grundlage ist die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV).

Vor Inkrafttreten der ArbMedVV 2008 fanden sich Vorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge in verschiedenen fachspezifischen Verordnungen (z.B. Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung) und im Unfallverhütungsrecht. Die Überführung der Vorschriften in eine Verordnung und die einheitliche Regelung der Pflichten von Arbeitgebern und Ärzten und Ärztinnen hat zu mehr Transparenz und Rechtsklarheit geführt.

Die Erste Verordnung zur Änderung der ArbMedVV aus dem Jahr 2013 (BGBlI, S. 3882; ArbMedVV 2013) bewirkte weitere Rechtsklarheit, insbesondere zur Abgrenzung von arbeitsmedizinischer Vorsorge und Eignungs- bzw. Tauglichkeitsuntersuchungen.

Am 19. November 2016 wurde die ArbMedVV im Anhang angepasst; die Begrifflichkeiten wurden zeitgleich mit Anpassungen in der Gefahrstoffverordnung mit dem EU-Recht harmonisiert. Hintergrund war die Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen (CLP-Verordnung).

Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung werden seit Anfang 2015 in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als Berufskrankheit Nummer 5103 (BK 5103) geführt. Damit die Berufskrankheit künftig erst gar nicht entsteht, wurde am 18. Juli 2019 in den Anhang der ArbMedVV ein neuer Vorsorgeanlass aufgenommen (siehe BGBl. 2019 I, S. 1082). Der Arbeitgeber muss Beschäftigten, die intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung ausgesetzt sind, arbeitsmedizinische Vorsorge anbieten. Außerdem muss er die Belastung durch gefährliche Sonnenexposition so gering wie möglich halten. Denn je länger die Exposition, desto höher das Risiko zu erkranken.

Im Zusammenhang mit dem neuen Vorsorgeanlass wurden 2019 außerdem Klarstellungen zur ganzheitlichen arbeitsmedizinischen Vorsorge eingefügt (§ 3 Absatz 3 Satz 2, § 6 Absatz 1 Satz 3 ArbMedVV). Alle Vorsorgeanlässe sollen in einem Termin beim Betriebsarzt oder bei der Betriebsärztin gebündelt werden; das erleichtert die Organisation der Vorsorgen und ermöglicht individuelle Aufklärung und Beratung zu allen arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst die Gesamtheit der arbeitsbedingten Einwirkungen (Belastungen) auf einen oder eine Beschäftigte und die Auswirkungen auf seine oder ihre Gesundheit. Der Inhalt der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist nicht auf den Vorsorgeanlass nach dem Anhang der ArbMedVV beschränkt, sondern betrifft alle Tätigkeiten der betroffenen Person. Konkretisierungen enthält die Arbeitsmedizinische Regel (AMR) 3.3 "Ganzheitliche arbeitsmedizinische Vorsorge unter Berücksichtigung aller Arbeitsbedingungen und arbeitsbedingten Gefährdungen".

Der Begriff ganzheitliche Vorsorge im Sinne der ArbMedVV umfasst nicht die "weiteren Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge" im Sinne des § 3 Absatz 1 Satz 4 ArbMedVV. Diese Maßnahmen kann der Arbeitgeber auf freiwilliger Basis anbieten beziehungsweise sie unterfallen dem Sozialgesetzbuch V.

Hier können Sie die Informationsbroschüre "Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge" bestellen oder herunterladen.

Ausschuss für Arbeitsmedizin

In vielen Bereichen fehlen noch gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist auf sachkundige Beratung angewiesen, besonders zu Fragen wie neben der Bekämpfung der klassischen arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren auch neuen Risiken wirksam begegnet werden kann oder wie längere Lebensarbeitszeiten gemeistert werden können. Auf der Grundlage der ArbMedVV hat sich 2009 der Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed) konstituiert. Dieses pluralistisch aus Vertretungen der Arbeitgeber, Gewerkschaften, Länderbehörden, gesetzlichen Unfallversicherung und aus weiteren fachkundigen Personen aus Wissenschaft und Praxis besetzte Gremium berät das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu arbeitsmedizinischen Fragen. Eine wichtige Aufgabe ist die Konkretisierung der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Die vom Ausschuss ermittelten Regeln und Erkenntnisse erhalten nach Bekanntgabe im Gemeinsamen Ministerialblatt Vermutungswirkung, das heißt bei ihrer Einhaltung ist davon auszugehen, dass die gestellten Anforderungen erfüllt sind. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin spricht auch arbeitsmedizinische Empfehlungen darüber aus, wie die Betriebe weitere Gesundheitsvorsorge betreiben können.

Die Geschäftsführung des Ausschusses liegt in der Hand der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Weiterführende Hinweise finden sich auf der Homepage des Ausschusses für Arbeitsmedizin. Abgerufen werden können dort insbesondere die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR), die Arbeitsmedizinischen Empfehlungen (AME) und ein Fragen-Antworten-Katalog zur arbeitsmedizinischen Prävention.