Kanada, Brasilien, Ghana: Das waren die bisherigen Stationen von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil in Sachen Fachkräfte und Nachhaltigkeit. Nun war der Minister in Indien, um die Weichen für die Anwerbung von Pflegekräften und IT-Fachleuten zu stellen. Heil besuchte die indische Hauptstadt Neu-Delhi und Thiruvananthapuram (Trivandrum), Hauptstadt des Bundesstaates Kerala, aus dem schon zahlreiche Fachkräfte nach Deutschland gekommen sind.
Bundesminister Heil zu Besuch in Indien
Der Bundesminister besuchte die Deutsche Botschaft in Neu-Delhi. Indien ist nach Kanada, Brasilien, Ghana die vierte Auslandsstation des Ministers. In Indien geht es konkret um die Anwerbung von Fachkräften.
Bundesminister Hubertus Heil tauschte sich mit dem Botschafter Philipp Ackermann über das Fachkräftepotenzial in Indien aus. Der Minister möchte insbesondere IT-Fachleute und Pflegekräfte vom Standort Deutschland überzeugen.
In Neu-Delhi traf der Minister seinen indischen Amtskollegen Bhupender Yadav. Hubertus Heil: „Als Arbeitsminister liegt mein Fokus der Reise auf Fachkräften. Mein Anliegen ist eine starke Partnerschaft mit Indien. Es ist das erste Land, mit dem wir ein Mobilitäts- und Migrationsabkommen geschlossen haben.“.
Am indischen Standort des deutschen Unternehmens Giesecke+Devrient informierte sich Hubertus Heil über Aus- und Weiterbildung des Unternehmens. Die Firma ist weltweit tätig und beschäftigt in Delhi über 700 Mitarbeiter. Schwerpunkt ist Sicherheitstechnik und Programmierung, Praxis des Unternehmens ist der Personalaustausch zwischen Deutschland und Indien in beide Richtungen.
Bundesminister Hubertus Heil im Gespräch mit den junge Menschen, die in Deutschland studieren und arbeiten wollen, in Delhi. Indien gelingt es nicht überall, seine junge Bevölkerung auf die Anforderungen der Wirtschaft genügend vorzubereiten. Deshalb ist vor allem die so genannte zirkuläre Migration (im Ausland lernen und/oder arbeiten und wieder zurückkehren) wichtig für das Land. Deutschland kann das große Potenzial junger Menschen nutzen, indem es gute Qualifizierung mit einer Einmündung in den Arbeitsmarkt verbindet.
Im Gespräch erfuhr der Minister, dass es für die jungen Menschen gute Gründe gibt, in Deutschland zu arbeiten: zum Beispiel wegen der guten Ausbildung oder der Work-Life-Balance.
Beim Besuch des IT-Dienstleistungsunternehmens iworxs wurde Bundesminister Hubertus Heil von Geschäftsführer Dr. Syed Ibrahim empfangen. iworx bietet seit 25 Jahren IT-Dienstleistungen hauptsächlich für deutsche Kunden an und ist aktiv in der Vermittlung indischer IT-Fachkräfte mit Ziel Festanstellung in deutschen Unternehmen.
In den Büroräumen des Unternehmens iworxs wurde der Minister von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern begrüßt. Indische Fachkräfte im Bereich Informationstechnologie (IT) zeigen großes Interesse an einer Tätigkeit im Ausland, wenn auch die englischsprachigen Länder die Wunschliste anführen.
Der Chief Minister des südindischen Bundesstaats Kerala, Pinarayi Vijayan (rechts), beim Treffen mit Bundesminister Hubertus Heil (mitte) und Arbeitsminister Vasudevan Sivankutty (links). Kerala hat aufgrund sehr guter Ausbildungskapazitäten ein Überangebot an Pflegefachkräften.
Bundesminister Hubertus Heil zusammen mit Geschäftsführern verschiedener Unternehmen des Technologieparks in Trivandrum. Hubertus Heil: „Indien ist ein wichtiger Partner für Deutschland. Gerade in Zeiten großer globaler Herausforderungen ist es wichtig, die Perspektiven der Partner kennenzulernen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen“.
Fachkräfteentwicklung im eigenen Haus: Die Allianz betreibt am Standort Trivandrum ihr internationales Technik-Zentrum für IT-Entwicklung und Call-Center mit insgesamt ca. 8.800 Beschäftigten in Trivandrum und Pune.
Austausch mit indischen Sprachlehrer/Innen und Pflegefachkräften, die demnächst nach Deutschland ausreisen und ihre neuen Jobs antreten werden. Auf Grundlage einer Vermittlungsabsprache mit der zuständigen Behörde vor Ort rekrutiert die Bundesagentur für Arbeit über das Triple-Win-Programm gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Pflegefachkräfte aus Kerala und bereitet diese für den deutschen Arbeitsmarkt vor.
Demografischer Wandel: Uns fehlen Arbeitskräfte
Der Fokus der geplanten Gespräche lag auf der Ausweitung der Fachkräftegewinnung. Denn unser Land braucht künftig mehr qualifizierte Einwanderung aus Drittstaaten: Zwar ließen sich die Herausforderungen des demografischen Wandels über Zuwanderung aus dem EU-Ausland kompensieren. Doch auch die anderen europäischen Partner stehen vor demografischen Herausforderungen, so dass absehbar weniger Menschen aus der EU nach Deutschland kommen werden.
Selbst mit der Erschließung aller inländischen Potenziale – zum Beispiel mit Verbesserungen bei der Aus- und Weiterbildung oder mit mehr Erwerbstätig von Frauen und Älteren – lässt sich die demografische Lücke am Arbeitsmarkt aber nicht schließen. Nach einer Schätzung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) sinkt die Zahl der Menschen, die dem deutschen Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, bis 2060 voraussichtlich von 45,7 Millionen auf 40,4 Millionen.
Deshalb will die Bundesregierung mit der Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes das modernste Einwanderungsrecht Europas schaffen. So sollen die Regelungen zur Einwanderung von übermäßiger Bürokratie befreit werden, beispielsweise bei der Anerkennung von Berufsabschlüssen und Visa-Erteilung. Mit Hilfe einer so genannten Chancenkarte und einem Punktesystem sollen neue, unkomplizierte Chancen und Zugänge für kluge Köpfe aus dem Ausland entstehen.
Im Video-Beitrag der Tagesschau sehen Sie, wie Bundesminister Hubertus Heil in Indien um potentielle Fachkräfte wirbt.
Werben um Fachkräfte: Bundesarbeitsminister Heil in Indien
Sehen Sie im Beitrag von ZDF Heute mehr über den Indien-Besuch von Bundesminister Hubertus Heil, der dort um junge Fachkräfte wirbt.
Heil sucht Fachkräfte in Indien
Bestehende Kooperation zur Fachkräftegewinnung ausbauen
In Sachen Fachkräftegewinnung kooperieren Deutschland und Indien bereits seit mehreren Jahren. Jetzt wollen die Partner diese Kooperation ausbauen.
Auf Grundlage einer Vermittlungsabsprache mit der zuständigen Behörde vor Ort rekrutiert die Bundesagentur für Arbeit schon heute über das Triple-Win-Programm der Bundesagentur für Arbeit gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Pflegefachkräfte aus Kerala und bereitet diese für den deutschen Arbeitsmarkt vor. Aufenthaltsrechtlich hat die Vermittlungsabsprache den Vorteil, dass das Anerkennungsverfahren erst nach der Einreise beantragt werden muss, und ggf. noch notwendige Kenntnisse und Erfahrungen im Inland erworben werden können. Parallel dazu wird eine Beschäftigung ausgeübt und zukünftige Fachkräfte werden vom ersten Tag an integriert.
Das Programm gilt international als Vorzeigeprojekt und wird u.a. von der Internationalen Organisation für Migration und dem Internationalem Gewerkschaftsbund als Best Practice gewürdigt. Etwa 360 Pflegekräfte konnten bereits für das Programm gewonnen werden.
Triple-win: Gemeinsam die Interessen aller Beteiligten im Blick behalten
Bei der Fachkräfteanwerbung gilt es, den so genannten Brain Drain zu vermeiden, also die Abwanderung im Anwerbeland selbst benötigter Fachleute.
Deshalb wurden bisher vor allem im Bundesstaat Kerala Fachkräfte angeworben, denn Kerala hat aufgrund sehr guter Ausbildungskapazitäten ein Überangebot an Pflegefachkräften (9,6 Pflegekräfte pro 1.000 Einwohner*innen, Vergleich: Deutschland 7,5).
Ein Programm in Kooperation der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit zur nachhaltigen Gewinnung von Pflegekräften aus dem Ausland.
Programm Triple Win
Auch indische Fachkräfte im Bereich Informationstechnologie (IT) zeigen großes Interesse an einer Tätigkeit im Ausland, wenn auch die englischsprachigen Länder die Wunschliste anführen. Es ist ein zentrales Element der Reise von Hubertus Heil, auch für Deutschland als Zielland für IT-Fachkräfte zu werben.
Hintergrund: Arbeitsmarktsituation in Indien – indische Beschäftigte in Deutschland
Insgesamt arbeiten in Indien derzeit 5,1 Millionen IT-Fachkräfte und der indische Arbeitsmarkt bietet gut ausgebildeten IT-Fachkräften durchaus Chancen. Allerdings gelingt es dem Land nicht überall, seine junge Bevölkerung auf die Anforderungen der Wirtschaft genügend vorzubereiten. Der indische Arbeitsmarkt ist mit der stetig steigenden Zahl von Absolventenpool überfordert. Die Erwerbslosigkeit unter jungen Menschen (15 bis 24 Jahre) ist mit 23,2 Prozent (Jahreswert 2022, Quelle: ILOSTAT) besonders ausgeprägt. Deshalb ist vor allem die so genannte zirkuläre Migration (im Ausland lernen und/oder arbeiten und wieder zurückkehren) wichtig für das Land. Deutschland kann das große Potenzial junger Menschen nutzen, indem es gute Qualifizierung mit einer Einmündung in den Arbeitsmarkt verbindet. Bei den beliebtesten Ländern für ein Studium im Ausland belegt Deutschland aktuell den dritten Rang.
Rund 5.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte mit indischer Staatsangehörigkeit arbeiten aktuell in der Bundesrepublik als IT-Fachkräfte (Jahreswert 2022). Bundesweit bestehen im IT-Bereich schon seit vielen Jahren Fachkräfteengpässe. Aufgrund der Transformation wird sich der Bedarf an Fachkräften im IT-Bereich voraussichtlich noch weiter verstärken. Laut Fachkräftemonitoring für das BMAS gehören IT-Fachkräfte in den nächsten fünf Jahren weiterhin zu den Fokusberufen mit Engpässen.
G20-Arbeitsminister*innen-Treffen
Das Thema Fachkräfte spielte auch in der Gruppe der führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) eine wichtige Rolle. Indien ist in diesem Jahr Gastgeber der G20 und hat den Schwerpunkt der Beratungen auf das Schließen globaler Qualifizierungs- und Kompetenzlücken (skills gaps) gesetzt. In einem ersten Schritt soll genauer erfasst werden, welche Kompetenzen in den Ländern der G20 vorhanden sind und welche fehlen. Daraus lassen sich im nächsten Schritt unter anderem Schlussfolgerungen mit Blick auf die Anwerbung von Fachkräften ziehen.
Indien ist ein wichtiger Partner für Deutschland. Daher bin ich gerne der Einladung des indischen Arbeitsministers, meines Kollegen Yadav, gefolgt und nehme am 20./21. Juli am Treffen der G20-Arbeitsminister der 20 führenden Wirtschaftsnationen in Indore teil. Gerade aktuell, wo wir so viele globale Herausforderungen zu bewältigen haben, die wir nur gemeinsam meistern können, ist es extrem wichtig, sich auszutauschen, die Perspektiven der Partner kennenzulernen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.
In den G20 arbeiten wir daran, die Arbeitsbedingungen weltweit zu verbessern und sozialen Schutz für alle zu schaffen. Indien und Deutschland können hierbei als Partner eine wichtige Schlüsselrolle einnehmen. Ich unterstütze das Anliegen der Indischen Präsidentschaft, eine Vereinbarung zur Qualifizierung von Fachkräften innerhalb der G20 zu treffen. Wir könnten so langfristig zu einer länderübergreifenden Vergleichbarkeit und Anerkennung von Qualifikationen kommen. Das ambitionierte Vorhaben ist ganz im Interesse Deutschlands, mehr qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben.
Pressemitteilung und Abschlussdokument des G20-Arbeitsminister*innen-Treffens (in englischer Sprache)
Mit einer zeitgemäßen Ausbildung, gezielten Weiterbildungen und einer modernen Einwanderungspolitik wollen wir die Arbeit als Fachkraft wieder attraktiver machen und Unternehmen bei der Fachkräftesicherung unterstützen.