Ein Arbeitsvertrag und der Koffer voller Mut, Motivation und Verantwortung.
Vor 60 Jahren, am 30. Oktober 1961, wurde das Anwerbeabkommen zwischen Deutschland und der Türkei unterzeichnet. In den folgenden Jahren kamen viele Menschen aus der Türkei nach Deutschland und haben hier eine Heimat gefunden – mittlerweile bereits in 3. oder 4. Generation. Was hat sich in den vergangenen 60 Jahren getan? Woran können wir gemeinsam arbeiten? In drei Workshops teilten die Jugendlichen ihre eigenen Erwartungen zum Start ins Berufsleben und tauschten sich über die Erlebnisse der (Groß-)Eltern aus. In der anschließenden Podiumsdiskussion eroberten die jungen Erwachsenen selbst die Bühne und stellten Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg ihre Wünsche und Forderungen vor. Unterstützt wurden sie von Vertreterinnen und Vertretern der Deutsch-Türkischen Jugendbrücke, der Stiftung Zentrum für Türkeistudien und Integrationsforschung, der Initiative gegen Jugendarbeitslosigkeit JOBLINGE sowie der Türkischen Gemeinde in Deutschland e.V.
Mehr Diversität. Pro Mehrsprachigkeit in Arbeitswelt und Gesellschaft.
Im Workshop "Leben mit Vor(ur)teilen? Chancen und Herausforderungen des Alltags" tauschten sich die jungen Erwachsenen über Integrationsfragen und interkulturelle Fähigkeiten, aber auch zu Diskriminierungserfahrungen aus. "Es braucht mehr Vielfalt in der Arbeitswelt und beispielsweise eine Diversitätsquote in Behörden und Unternehmen. Sprachförderung muss ein elementarer Bestandteil in Ausbildung und Beruf bleiben. Dass Mehrsprachigkeit ein Gewinn für Arbeitswelt und Gesellschaft ist, wird vielerorts noch nicht anerkannt und eingebracht: Eine Imagekampagne in den Sozialen Medien könnte ein erster Schritt sein, um Potenziale alle (Mehr-)Sprachtalente zu nutzen.", forderten die Teilnehmenden.
Hier finden Sie Impressionen der Veranstaltung.
60 Jahre Deutsch-Türkisches Anwerbeabkommen
Lernen durch Ausprobieren: Hep beraber!
Die Leitfrage des zweiten Workshops: "Benim yolum: Wo will ich hin?" lenkte die Diskussion zu Erwartungen und Fragen zur Berufsausbildung. Eigene praktische Erfahrungen in verschiedenen Berufsfeldern seien wichtig, es brauche aber mehr Unterstützung bei der Auswahl eines Praktikums - und eine angemessene Bezahlung. Patenschaften oder Mentoringprogramme könnten helfen, Talente und Wünsche offen zu legen und entdeckte Kompetenzen und Ausbildungsberufe zusammenzubringen. Vorbilder seien wichtig.
Gemeinsam erinnern: Deutsch-Türkische Beziehungen gehören ins Geschichtsbuch!
Im Gepäck der Großeltern lag nicht nur der Arbeitsvertrag für den erwarteten Einsatz in Deutschland. Im Gepäck fanden sich Mut, Wille, Neugier, Motivation und Verantwortung. Unterstützung der angekommenen Menschen und Sprachförderung gab es damals in Deutschland kaum. Die Wege der älteren Zuwanderergenerationen waren steinig und finden erst seit kurzem Eingang in den Schulunterricht. Es braucht sichtbare Vorbilder, die jungen Menschen Mut machen. Mit Hilfe der sozialen Medien, aber auch in Schulbüchern sollten genau diese Geschichten erzählt werden.
In der Podiumsdiskussion im Fishbowlformat nutzten die jungen Erwachsenen rege den freien Platz auf der Bühne und brachten Fragen und weitere persönliche Geschichten ins Gespräch. Staatssekretär Schmachtenberg unterstrich, wie wichtig Zuwanderung für unsere Gesellschaft war, ist und sein wird und machte deutlich, dass es Aufgabe von uns allen ist, sie zu gestalten - auch, um alle Potenziale und Talente des Arbeitsmarktes zu nutzen. "An diese Debatte und Zusammenarbeit mit jungen türkeistämmigen Erwachsenen werden wir anknüpfen", betonte er und dankte für den regen Austausch im Rahmen dieses Jugendforums. Künstlerischer Abschluss war ein Standup-Act des Berliner Comedians Osan Yaran.