- Datum:
- 07.08.2025
Bunte: Sie sind seit ein paar Wochen im Amt und zum ersten Mal Bundesministerin. Was war die positive und die negative Überraschung?
Bas: Negatives habe ich bisher nicht entdeckt, außer der Terminfülle, aber das war zu erwarten. Schön fand ich, wie ich im Ministerium aufgenommen wurde.
Bunte: In Ihrem Ministerium liegen viele Themen, die die Menschen aktuell bewegen. Wo setzen Sie Ihre Prioritäten?
Bas: Arbeit und Soziales sind für mich kein Gegensatz – auch wenn manche klagen, der Sozialstaat wäre zu teuer, zu groß oder zu schwerfällig. Für mich ist der Sozialstaat eine wichtige Errungenschaft, die wir bewahren müssen. Die unbestritten notwendigen Reformen dürfen nicht die Menschen treffen, die auf Unterstützung angewiesen sind.
Bunte: Sie haben ja schon einige Ideen ausgesprochen und wurden scharf kritisiert. Macht es Sie nicht wahnsinnig, dass der Staat so träge ist?
Bas: Manchmal schon, aber ich bin pragmatisch. Ich schaue, wo ich kleine Schritte schaffen kann. Am Ende kommt es auf eine gute Lösung für die hart arbeitenden Menschen an.
Bunte: Bundeskanzler Friedrich Merz verlangt: Leistung muss sich wieder lohnen. Stimmen Sie dem zu?
Bas: Das Urteil ist mir zu pauschal. Die Deutschen sind nicht faul. Viele Frauen beispielsweise würden gern mehr arbeiten, hängen aber in der Teilzeit-Falle fest. Aber ich benenne auch klar, wo es Miss - stände wie Sozialleistungsmissbrauch und Schwarzarbeit gibt. Das dürfen wir als Staat nicht tolerieren, weil das ein Gefühl von Ungerechtigkeit schafft.
Bunte: Deutschland gilt als ein Land, in dem sozialer Aufstieg schwierig ist. Sie haben bewiesen, dass es dennoch geht. Wie haben Sie das geschafft?
Bas: Ich wollte etwas erreichen, besser leben als meine Eltern. Weil es zu Hause immer knapp war, wollte ich schnell Geld verdienen. Und ich hatte immer das Glück, dass mich Leute in meinem Umfeld gefördert haben. Alle paar Jahre hat sich bei mir eine Veränderung ergeben, und ich habe die Chance ergriffen, etwas Neues zu machen oder noch eine Ausbildung anzufangen.
Bunte: Sind Sie die Einzige unter Ihren fünf Geschwistern, die so eine Karriere geschafft hat?
Bas: Ja, das schon.
Bunte: Was haben Sie mit Ihrem ersten eigenen Geld gemacht?
Bas: Ich habe mir Turnschuhe von Adidas gekauft. Ich hatte nie die, die alle anderen hatten – die mit den drei Streifen. Meine Schuhe hatten nur zwei. Und dann habe ich auf den Motorradführerschein gespart.
Bunte: Bestimmt Ihr Aufwachsen Ihre heutige Politik?
Bas: Ja, ich kenne eben das Gefühl, wenn das Geld nicht ausreicht. Nach der Scheidung meiner Eltern waren wir eine Zeit lang von Sozialhilfe abhängig. Damals musste man aufs Amt gehen und einem Sachbearbeiter erklären, warum man eine neue Waschmaschine braucht. So ein Gefühl sitzt tief in einem drin. Deshalb ärgern mich heute manche Debatten.
Bunte: Heute gehören Sie zu denen, die Politiker als Besserverdiener bezeichnen. Wofür geben Sie gern Geld aus?
Bas: Es ist befreiend, keine Geldsorgen zu haben. Ich lebe bescheiden, aber für gutes Essen gebe ich gern Geld aus. Und ich habe mir ein Motorrad geleistet und mir damit einen großen Traum erfüllt. Meine Harley musste ich nicht abstottern wie mein erstes Auto, sondern ich konnte sie sofort bezahlen. Das ist Luxus!
Bunte: Haben Sie sich auch eine eigene Wohnung oder ein Haus gekauft?
Bas: Nein, ich wohne immer noch in einem Mietshaus in Duisburg. Da fühle ich mich wohl. In Berlin lebe ich auf 42 Quadratmetern, auch zur Miete. Ich brauche nicht mehr.
Bunte: Ihr Mann, mit dem Sie 15 Jahre liiert waren, starb 2020. Wann haben Sie gespürt, dass das Leben weitergeht, dass Sie die Trauer überwunden haben?
Bas: Mir hat die Arbeit geholfen. Inzwischen denke ich weniger über den Tod meines Mannes nach, dennoch ist er irgendwie immer bei mir. Ich lebe noch in unserer gemeinsamen Wohnung. An der Garderobe hängt seine Jacke – die lasse ich hängen. Die bleibt als Erinnerung.
Bunte: Ihr Mann Siegfried Ambrosius war auch in der SPD engagiert. Ihre große Karriere hat er nicht mehr miterlebt. Macht Sie das traurig?
Bas: Er wäre sicher unheimlich stolz gewesen. Aber vielleicht habe ich auch Entscheidungen getroffen, die er kritisiert hätte. Wenn ich zu Hause die Tür aufschließe, ist da jetzt niemand mehr, mit dem ich über den Tag reden kann.
Bunte: Sind Sie bereit für eine neue Liebe?
Bas: Ich suche nicht. Ich glaube ans Schicksal. Entweder läuft mir einer über den Weg – oder eben nicht.
Bunte: Wenn Sie heute darüber nachdenken, wohin Ihr Lebensweg Sie geführt hat, was empfinden Sie dann?
Bas: Manchmal erscheint mir alles ein bisschen unwirklich. Neulich habe ich für die Bundesregierung die World University Games eröffnet, quasi die Olympischen Spiele für Studierende. Schon 1989 fanden die Wettkämpfe in meiner Heimatstadt Duisburg statt. Damals habe ich die Mannschaften auf deren Busfahrten betreut. Jetzt stand ich auf der Bühne und habe den berühmten Satz gesagt: „Die Spiele sind eröffnet.“ Für ein paar Sekunden überkam mich eine Gänsehaut.