Im Rahmen dieses Projekts sollte zunächst das allgemeine Gründungsgeschehen in der Bundesrepublik unter besonderer Berücksichtigung der öffentlichen Förderangebote untersucht werden. Neben der dezidierten Betrachtung von Implementationsaspekten sollte insbesondere die Nachhaltigkeit der geförderten Gründungen am Markt mit mikroökonometrischen Evaluationsmethoden überprüft werden.
Die Untersuchung ist als Multi-Methoden-Design angelegt und rekurriert dementsprechend auf eine Vielzahl unterschiedlicher Datenquellen über unterschiedliche Kanäle. Zur Beschreibung des allgemeinen Gründungsgeschehens wurden unter anderem der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes, die Gründungsstatistik des IfM Bonn auf Basis der Gewerbeanzeigenstatistik, statistische Informationen aus dem Institut für Freie Berufe, das Gründungspanel des ZEW, der Global Entrepreneurship Monitor, der Regional Entrepreneurship Monitor und der KfW-Gründungsmonitor herangezogen.
Die Deskription des Fördergeschehens im Bereich von Gründungen aus der Arbeitslosigkeit basiert auf Prozessdaten der Bundesagentur für Arbeit.
Des Weiteren wurden in insgesamt zehn Arbeitsagenturbezirken Implementationsanalysen durchgeführt. Dabei wurden geförderte und nicht geförderte Gründerpersonen, erfolgreiche Gründer/-innen ebenso wie Abbrecher/-nnen, Fach- und Führungskräfte in Arbeitsagenturen sowie Vertreter von Kammern, Verbänden, Kreditinstituten und Beratungseinrichtungen interviewt.
Den mikroökonometrischen Analysen liegen zum einen Prozessdaten der Bundesagentur für Arbeit zugrunde. Den Überbrückungsgeld-Eintrittskohorten aus den Jahren 2000 bis 2002 wurden vergleichbare Nichtteilnehmer/innen aus dem Arbeitslosen-Bestand des Vergleichszeitraumes gegenüber gestellt (Matching-Ansatz). Zweitens wurde sowohl für Überbrückungsgeld- als auch Existenzgründungszuschuss-Geförderte eine Stichprobe gezogen, der ebenfalls wieder gematchte Nichtteilnehmer gegenüber gestellt wurden. Beide Gruppen wurden mehrmals telefonisch interviewt (Panel-Konstrukt).
Bei allen Auswertungen wurden Aspekte des Gender Mainstreaming durchgehend beachtet.
In der Zeit zwischen Anfang 2003 und Mitte 2006 haben sich rund 1 Million vormals arbeitslose Personen mit Hilfe des Überbrückungsgeldes (ÜG) oder des Existenzgründungszuschusses (ExGZ) selbständig gemacht. Anfänglich erwartete Substitutionseffekte zwischen den beiden Programmen traten nicht ein. Vielmehr sprachen die beiden Instrumente unterschiedliche Zielgruppen an, was insgesamt zu dem beobachteten starken Anstieg von Gründungen aus Arbeitslosigkeit führte.
Wie die nähere Betrachtung zeigt, entsprach die Teilnehmerstruktur des ÜG weitestgehend dem allgemeinen Gründungsgeschehen: Insgesamt machten sich vor allem Männer (im Verhältnis 3 zu 1 zu Frauen), höher Qualifizierte und Personen in den mittleren Altersgruppen selbständig. Ähnlich sind die Merkmalsverteilungen unter den ÜG-Geförderten.
Der ExGZ hingegen aktivierte neue Zielgruppen, die zuvor nicht nur beim ÜG sondern im gesamten Gründungsgeschehen unterrepräsentiert waren: Mit Hilfe dieses Programms entschieden sich weitaus mehr Frauen, geringer Qualifizierte und auch ältere Arbeitslose für den Schritt in die Selbständigkeit.
Zum Verbleib der vormals Geförderten zeigen die repräsentativen Erhebungen, dass rund zweieinhalb Jahre nach Gründung knapp 75% der Ich-AG-Gründer und 70% der ÜG-Empfänger immer noch selbständig sind. Weitere knappe 10% ehemalige ExGZ-Empfänger und fast 15% der vormaligen ÜG-Gründer finden wieder eine abhängige Beschäftigung. Von allen vormals geförderten Gründerinnen und Gründern waren zum Zeitpunkt der letzten Befragung nur gut 10% wieder arbeitslos gemeldet. Die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit ist mithin nicht immer mit einem Scheitern gleichzusetzen, sondern kann unterschiedliche Ursachen haben und auch in die verschiedensten Erwerbszustände einmünden.
Beide Programme sind im Sinne einer nachhaltigen Integration in den ersten Arbeitsmarkt effektive Instrumente aktiver Arbeitsmarktpolitik. Im Vergleich mit nicht-geförderten Arbeitslosen zeigt sich, dass Teilnehmer/innen an beiden Programmen zweieinhalb Jahre nach der Gründung deutlich seltener arbeitslos gemeldet sind als dies bei der Kontrollgruppe der Fall ist. Des Weiteren sind sie mit einer höheren Wahrscheinlichkeit erwerbstätig (selbständig oder sozialversicherungspflichtig beschäftigt) und erzielen auch ein höheres Einkommen.
Das Forschungsprojekt wurde durch einen Forschungsverbund bestehend aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, der sinus Gesellschaft für Sozialforschung und Marktforschung, München, der Gesellschaft für Arbeitsmarktaktivierung (GfA), Berlin und dem infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft, Bonn durchgeführt.
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