- Redner*in:
- Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales
Lieber Torsten Gutsmann, lieber Michael Kleber, liebe Gabriele Sukopp-Gieger, liebe Kolleginnen und Kollegen,
das Motto des diesjährigen 1. Mai lautet “Mach dich stark mit uns”. Das passt: Der 1. Mai ist der Tag der Solidarität – für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer! Und für alle Demokratinnen und Demokraten in diesem Land.
Ja, wir müssen jetzt stark sein. Denn wir leben in stürmischen Zeiten. Wir erleben Krisen und Kriege. Blutig und militärisch wie Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Aber wir erleben auch neue Handelskriege. Sie werden nicht mit Panzer und Drohnen geführt. Sondern mit Zöllen und Protektionismus. Aber sie sind trotzdem verdammt gefährlich!
Gerade für uns als Exportnation! Jeder vierte Arbeitsplatz hängt bei uns vom Export ab! Was Trump in Amerika vom Zaun bricht, spüren wir auch bei uns in der Region!
Was in Washington entschieden wird, schlägt auch nebenan in Wolfsburg ein! Deswegen haben viele Kolleginnen und Kollegen tiefe Sorgen.
Gerade hier bei uns – in der Automobilbranche und im Zuliefererbereich. Denn es geht um ihre Arbeitsplätze, ihre Standorte, ihre Einkommen. Deswegen sage ich ganz klar: Wir stehen an eurer Seite!
Deutschland ist ein starkes Industrieland und ein starkes Autoland - und muss es auch bleiben!
Deshalb ist es wichtig, dass wir gerade jetzt die Wirtschaft wieder nach vorne bringen und damit Arbeitsplätze sichern. Das wird eine Hauptaufgabe der neuen Bundesregierung. Was wir brauchen, ist eine starke Industriepolitik!
Eine Politik, die sich aktiv einsetzt für den industriellen Kern unserer Wirtschaft. Für unsere Standorte und Arbeitsplätze.
Das haben wir in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Wir stärken den Industriestandort Deutschland, durch eine bessere Infrastruktur.
- durch bessere Straßen und Schienen.
- durch den Ausbau der digitalen Netze.
- durch Investitionsanreize.
- durch günstigere Energie.
Dafür nehmen wir 500 Milliarden Euro zusätzlich in die Hand. Ja, das ist ein Haufen Geld. Eine riesige Summe. Die anderen haben sich damit richtig schwergetan. Das brauchte viel Überzeugungskraft.
Aber jetzt ist nicht die Zeit für Ideologie, sondern für praktische Lösungen! Wir müssen jetzt investieren! In unsere Sicherheit. In unseren Wohlstand. In die Zukunft unserer Kinder.
Aber ich sage euch auch: Es ist nicht die Aufgabe der Politik, hinter den Managern aufzuräumen. Wir werden nicht mit Steuergeldern das reparieren, was in den Chefetagen der Unternehmen verbockt wurde.
Die Politik ist nicht der Reparaturbetrieb des Kapitalismus!
Das ist meine Botschaft an die Vorstände der deutschen Konzerne!
Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht – jetzt seid ihr dran! Jammern ist kein Geschäftsmodell! Unsere soziale Marktwirtschaft ist eine der stärksten der Welt. Und dafür gibt es unter anderem einen Grund – die Mitbestimmung! Es gibt ja auch einige, die behaupten, dass die Mitbestimmung die Ursache aller Probleme sei. Was für ein Quatsch!
Die Mitbestimmung hat unser Land und viele Unternehmen zum Erfolg geführt! Die Mitbestimmung hat geholfen, Krisen zu meistern und die soziale Marktwirtschaft immer wieder zu erneuern.
Und das wird auch in Zukunft so sein! Wirtschaftlichen Erfolg gibt es nur mit den Beschäftigten und nicht gegen sie!
Deswegen brauchen wir starke Gewerkschaften. Deswegen brauchen wir starke Betriebsräte. Diejenigen, die für die Interessen der Beschäftigten einstehen.
Diejenigen, die hart verhandeln und für faire Lösungen kämpfen. Diejenigen, die den Arbeitgebern auch mal die Zähne zeigen, wenn es hart auf hart kommt.
Denn es sind die Arbeitnehmer, die unsere Wirtschaft stark machen! Noch nie waren so viele Beschäftigte in Lohn und Brot wie heute! Deswegen müssen wir vor allem in die Menschen in diesem Land investieren!
- In ordentliche Tariflöhne!
- In gute Arbeitsbedingungen!
- In Aus- und Weiterbildung!
Deswegen ein großes Dankeschön an die Kolleginnen und Kollegen, die sich Tag für Tag für die anderen engagieren! Ihr macht einen tollen Job!
Ihr kämpft in den Betriebsräten und in den Tarifrunden für die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.
Die Politik hat sich da rauszuhalten – das nennt sich Tarifautonomie und ist auch vernünftig. Aber ich sage auch: Wir werden auch in der nächsten Bundesregierung für sichere Arbeitsplätze, stabile Renten und eine höhere Tarifbindung kämpfen!
Das heißt konkret: Das Bundestariftreuegesetz wird jetzt kommen. Denn wer Aufträge der öffentlichen Hand bekommen will, muss gute tarifliche Arbeitsbedingungen gewähren.
Und wir stärken Gewerkschafts-Mitgliedschaften.
Auch der gesetzliche Mindestlohn muss deutlich steigen. Wir erwarten die 15 Euro – das muss jetzt passieren!
Das ist wichtig, gerade für die Arbeitnehmerinnen! Denn es sind die Frauen, die überdurchschnittlich oft für den Mindestlohn ranklotzen! Diese Erhöhung ist lange überfällig!
Es geht um den Wert der Arbeit – während des Arbeitslebens, aber auch im Ruhestand. Mancher wollte im Wahlkampf ja schon die Axt an die gesetzliche Rente legen.
Einige Ideologen träumten schon von der Rente mit 70! Was für ein Alptraum! Deswegen haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt: Mit dieser Bundesregierung wird es keine Rentenkürzungen geben!
Deshalb werden wir das gesetzliche Rentenniveau auch in Zukunft stabilisieren. Zudem werden wir die betriebliche Altersversorgung stärken und Selbständige einbeziehen
Gleichzeitig verbessern wir die Möglichkeiten, um auch nach dem 67. Geburtstag zu arbeiten. Aber ich sage ganz deutlich: Jeder darf, keiner muss!
Die nächsten Jahre werden nicht leicht werden. Ich will da nicht drum herum reden. Das zeigt uns nicht nur die Weltlage mit ihren vielen Krisen und Kriegen. Sondern das zeigt auch ein Blick nach innen – auf unsere eigene Gesellschaft. Der 1. Mai ist ein Kampftag für gute Arbeit und Solidarität.
Er ist damit auch immer ein Tag, an dem wir gemeinsam Zeichen setzen gegen die Feinde der Demokratie von rechts außen. Die Rechten wollen das Gegenteil von Solidarität: Sie wollen diese Gesellschaft spalten und die Menschen gegeneinander ausspielen. Sie schüren Unzufriedenheit und Ängste.
Dagegen haben wir etwas! Nämlich Solidarität und ganz praktische Politik für gute Arbeit. Einen Sozialstaat, auf den man sich verlassen kann, und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Dafür braucht es starke Gewerkschaften und viele Engagierte – deshalb bin ich froh, dass so viele heute hier in Peine sind.
Am 1. Mai geht’s auch um das Selbstbewusstsein einer freien und sozialen Gesellschaft! Die kann man heute erleben – hier bei uns und in vielen anderen Städten in ganz Deutschland und Europa!
Vielen Dank für euren Einsatz und Glück auf!