- Anfang:
- 22.03.2024
- Redner*in:
- Bundesminister Hubertus Heil
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist der Tag, Danke zu sagen, und zwar für die Arbeit von über hundertausend Betriebsräten in Deutschland. Sie vertreten die Interessen der Kolleginnen und Kollegen im Betrieb. Sie achten darauf, dass Arbeitnehmerrechte auch in der Praxis eingehalten werden. Sie sorgen für ein Stück Demokratie durch betriebliche Mitbestimmung. Und sie kümmern sich in der Praxis auch in Zeiten von Veränderungen um die Zukunftsfragen, die im Betrieb wichtig sind: um Weiterbildung, um Arbeitsplatzsicherung, um Fachkräftesicherung, um die Einführung neuer Technologien.
Es zahlt sich für Unternehmen aus - nicht nur für die Belegschaft -, wenn sie mitbestimmt sind. Ich habe das in Zeiten der Krisen erlebt. In der Coronapandemie konnte ich mir als Arbeitsminister immer sicher sein, dass beispielsweise Arbeitsschutz in mitbestimmten Unternehmen besser gewahrt war als in anderen. Wir erleben das in Umbruch- und Krisensituationen.
Oder lassen Sie mich das anders sagen: Ich habe in meinem politischen Leben schon einige Unternehmen in Deutschland erlebt, die leider Gottes an einem unfähigen Management gescheitert sind. Aber ich habe noch nie erlebt, dass ein Unternehmen an einem sturen Betriebsrat gescheitert ist.
Im Gegenteil: Es ist in Krisen ganz oft so, dass Betriebsräte Verantwortung übernehmen, manchmal in schwierigen Situationen auch Sozialpläne ausverhandeln, sich bei schwierigen Kompromissen vor die Belegschaften stellen und diese vertreten, weil sie das Wohl ihrer Kolleginnen und Kollegen im Blick haben. Deshalb müssen wir nicht nur Danke sagen, meine Damen und Herren. Wir müssen den Betriebsräten in Deutschland auch weiter den Rücken stärken.
In der letzten Legislaturperiode haben wir einen wichtigen Schritt mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz getan. Und ich sage: Wir werden noch in dieser Legislaturperiode die Erneuerung der Betriebsverfassung angehen, um dafür zu sorgen, dass auch im 21. Jahrhundert die Mitbestimmung gewährleistet ist. Das ist nicht irgendwas. Da geht es um ein Stück Demokratie. Denn Demokratie sind nicht nur Parlamente und Regierungen, sondern in der Wirtschaft eben auch Betriebsräte.
Es geht aber auch darum, dass diejenigen, die sich als Betriebsräte in die Verantwortung nehmen lassen, den Rücken gestärkt bekommen. Wenn sich jemand ehrenamtlich im Betrieb für seine Kolleginnen und Kollegen engagiert, dürfen ihm keine beruflichen Nachteile erwachsen. Das muss eigentlich selbstverständlich sein; denn sonst finden wir nicht in ausreichender Zahl Menschen, die sich für ihre Kolleginnen und Kollegen demokratisch wählen lassen. Weil wir als soziale Marktwirtschaft nicht wollen, dass Mitbestimmung weiter zurückgedrängt wird, müssen wir auch dafür sorgen, dass die berufliche Entwicklung abgebildet wird und dass es Chancen auf eine angemessene Vergütung gibt.
Deshalb legen wir Ihnen, dem Deutschen Bundestag, heute einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Festsetzung von Betriebsratsvergütung vor. Das ist wichtig für alle Beteiligten, übrigens nicht nur für die Betriebsräte selbst, sondern auch für die Personalverantwortlichen, die Personalvorstände in den Unternehmen; denn es gibt Unsicherheit in vielen Betrieben. Diese Unsicherheit ist entstanden, weil es unterschiedliche Urteile und Rechtsprechungen von obersten Bundesgerichten gegeben hat. Das Bundesarbeitsgericht hat in der Regel anders geurteilt als dann im Januar 2023 der Bundesgerichtshof.
Das gilt bei Betriebsratsmitgliedern, die von ihrer beruflichen Tätigkeit freigestellt werden. Besonders in großen Industrieunternehmen gibt es Riesenverunsicherung. In einer Reihe von Fällen haben Unternehmen aufgrund der Unsicherheiten die Vergütung von Betriebsräten herabgesetzt. Mit diesem Gesetz wollen wir mit dieser Unsicherheit aufräumen. Wir sorgen für Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.
Nachdem im Januar 2023 diese Situation entstanden war, haben wir mit einer Kommission, die ich in Auftrag gegeben habe, Vorschläge entwickelt, wie wir das rechtssicher und vernünftig abbilden können. Ich möchte auch da den Vertretern dieser Kommission Danke sagen: Herrn Professor Schlegel, dem früheren Präsidenten des Bundessozialgerichts, Herrn Professor Thüsing, einem anerkannten Arbeitsrechtler, und der früheren Präsidentin des Bundesarbeitsgerichtes, Frau Schmidt. Sie haben in relativ kurzer Zeit – und jeder, der die drei Herrschaften kennt, weiß, dass sie ein breites Meinungsspektrum abbilden – gute, handhabbare Vorschläge gemacht, die jetzt für Rechtssicherheit sorgen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf greifen wir die Vorschläge dieser Kommission auf. Ich bin sehr froh, dass wir für diesen Gesetzentwurf auch die Unterstützung der deutschen Gewerkschaften und der deutschen Arbeitgeber haben. Wir schaffen die notwendige Rechtssicherheit und die notwendige Rechtsklarheit für die Vergütung von Betriebsräten in Deutschland.
Meine Damen und Herren, in diesen Tagen gibt es einige, die häufig die Demokratie infrage stellen - in Deutschland, aber auch weltweit. Deshalb muss gelten: Wer sich für Demokratie einsetzt, der darf nicht der Dumme sein. Das gilt auch für die Betriebsräte; denn wir reden hier über ein Stück Wirtschaftsdemokratie in Deutschland, über Mitbestimmung. Deshalb bitte ich Sie, dass wir diesen Gesetzentwurf nicht nur zügig beraten, sondern baldmöglichst auch ins Gesetzblatt bringen. Das haben die Betriebsräte in Deutschland verdient.
Herzlichen Dank.