Der Ärztliche Sachverständigenbeirat Berufskrankheiten (ÄSVB) beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine wissenschaftliche Stellungnahme zur Berufskrankheit (BK) Nummer 3101: „Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium tätig oder durch eine andere Tätigkeit der Infektionsgefahr in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt war“ beschlossen.
Die BK Nr. 3101 erstreckt sich auf vier Tätigkeitsbereiche, die sogenannten vier Alternativen, in denen bei Erfüllung der weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen grundsätzlich die Anerkennung einer COVID-19-Erkrankung als Berufskrankheit möglich ist:
- Alternative: Tätigkeit im Gesundheitswesen
- Alternative: Tätigkeit in der Wohlfahrtspflege
- Alternative: Tätigkeit in einem Laboratorium
- Alternative: Tätigkeit mit einer Infektionsgefahr in ähnlichem Maße
Der ÄSVB hat sich mit der Frage beschäftigt, in welchen Tätigkeiten neben dem Gesundheitsdienst, der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium Personen der Infektionsgefahr durch COVID-19 in ähnlichem Maße besonders ausgesetzt waren. Insgesamt hat der ÄSVB eine Vielzahl von Tätigkeitsfeldern geprüft. Im Ergebnis sieht der ÄSVB in Bezug auf COVID-19 bei folgenden Personengruppen die Voraussetzungen der 4. Alternative der BK Nr. 3101 als erfüllt und den Anwendungsbereich für die BK-Prüfung im Einzelfall als eröffnet an:
- Tätigkeiten in der Personenbeförderung
- Tätigkeiten in der Fleischverarbeitung
- Seelsorgerische Berufe
- Tätigkeiten im Polizeivollzugsdienst
Die detailliert begründete Stellungnahme ist am 23.04.2025 im Gemeinsamen Ministerialblatt veröffentlicht worden (Ausgabe Nr. 9/2025, S. 166 f.). Den vollständigen Text der Stellungnahme finden Sie im Anhang unten.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass für alle Personengruppen der ersten bis vierten Alternative der BK Nr. 3101 auch die von den Versicherten konkret verrichteten Tätigkeiten zu berücksichtigen sind. Das Bundessozialgericht führt hierzu in seinem Urteil vom 22. Juni 2023, AZ: B 2 U 9/21 R, hinsichtlich der 4. Alternative aus: „Versicherte sind einer Infektionsgefahr in ähnlichem Maße wie im Gesundheitsdienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium besonders ausgesetzt, wenn die versicherte Tätigkeit ihrer Art nach unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Arbeitsumfelds mit einer abstrakten Gefahrenlage verbunden ist und sich diese Gefahrenlage infolge der konkret ausgeübten Verrichtungen der Versicherten auch tatsächlich realisiert haben kann.“ Die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe eröffnet somit die Möglichkeit der Prüfung, ob die Infektion im konkreten Einzelfall als Berufskrankheit anerkannt werden kann.
Von der neuen Veröffentlichung unberührt bleibt die Prüfung, ob eine Infektion im Einzelfall als Arbeitsunfall anerkannt werden kann. Erfolgt eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 im Zusammenhang mit einer versicherten Tätigkeit, ohne dass die Voraussetzungen einer Berufskrankheit vorliegen, kann die Erkrankung weiterhin einen Arbeitsunfall darstellen.