Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn meiner Rede über den Haushalt des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales etwas Grundsätzliches sagen. In die Debatte um unseren Sozialstaat hat sich ein schriller Ton eingeschlichen, der unserer Gesellschaft nicht guttut.
Wir erleben hier Zerrbilder von einem Sozialstaat, der das Geld vermeintlich aus dem Fenster wirft; eine Debatte, die auf Ressentiments, Polarisierung und Skandalisierung setzt und das teilweise sogar ganz gezielt. Ich weiß, es gibt einige hier, für die Spaltung ein politisches Geschäftsmodell ist. Aber den anderen hier im Saal sage ich: Wir müssen die Sozialstaatsdebatte entgiften. Wir dürfen nicht zulassen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und arbeitslose Menschen gegeneinander ausgespielt werden. Unser Sozialstaat ist eine historische Errungenschaft und unverzichtbar für den sozialen Frieden in unserem Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Bundesregierung will das Leben der Menschen besser machen: durch sichere Arbeitsplätze mit guten Arbeitsbedingungen und einer stabilen Rente. Dazu brauchen wir einen Sozialstaat mit einer effizienten Verwaltung. So wenig Bürokratie wie nötig und so viel Pragmatismus wie möglich. Deshalb setzen wir eine Kommission ein, die Vorschläge macht, wie unser Sozialsystem einfacher, moderner und gerechter werden kann.
Videomittschnitt der Bundestagsrede von Bundesministerin Bärbel Bas zur 1. Lesung Haushalt am 11.07.2025.
Video der Rede
Dazu investieren wir rund 500 Millionen Euro aus dem Sondervermögen in die digitale Infrastruktur der Arbeits- und Sozialverwaltungen.
Darüber hinaus werden wir bei der Grundsicherung einiges ändern. Dabei sind mir zwei Themen besonders wichtig: dass wir zum einen Jobs sichern. Und dass wir zum anderen möglichst viele Menschen wieder in Arbeit bringen. Und dabei gilt: Wer Hilfe braucht, wird sie auch bekommen. Es gibt Menschen, die keine drei Stunden am Tag arbeiten können, weil sie zum Beispiel psychisch krank sind oder auch andere schwere Schicksalsschläge hinter sich haben. Und hier ist gezielte Unterstützung notwendig.
Deshalb stärken wir die Jobcenter, indem wir die Mittel für die Eingliederungsarbeit deutlich erhöhen, dieses Jahr um rund 400 Millionen Euro und in den Jahren danach um rund eine Milliarde Euro jährlich.
Und wir stärken die Deutschsprachförderung. Ich bin sehr froh, dass uns das mit diesem Haushalt gelingt.
Manche wollen ausgerechnet bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik drastisch sparen. Ich kann nur sagen: Wir können nicht die Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen und gleichzeitig den Rotstift ansetzen. Das ist genauso sinnvoll, als würde man die Feuerwehr abschaffen, um am Ende Wasser zu sparen. Klar ist: Ohne eine gute Konjunktur werden wir auf dem Arbeitsmarkt keine Wunder vollbringen. Und deshalb brauchen wir den Schwung, den die Bundesregierung jetzt aufnimmt, um die Wirtschaft zu stärken. Dafür arbeitet diese Bundesregierung.
Die Grundsicherung muss darüber hinaus zielgenauer und besser darin werden, Menschen in Arbeit zu bringen. Und wir werden auch bei Sozialleistungsbetrug und Schwarzarbeit nicht wegschauen, sondern Maßnahmen ergreifen, die diese unseriösen Geschäftsmodelle beenden.
Das sind wir übrigens auch den Menschen schuldig, die diesen Sozialstaat mit ihrer Arbeit finanzieren und tragen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen unseres Landes können wir nur gemeinsam angehen. Dazu brauchen wir auch eine gute Sozialpartnerschaft. Die Mindestlohnkommission hat gezeigt: Die Sozialpartnerschaft funktioniert auch in schwierigen Zeiten. Die Kommission hat einstimmig einen deutlich höheren Mindestlohn vorgeschlagen, der für sechs Millionen Beschäftigte in diesem Land eine ganz konkrete Verbesserung ihrer Lebenssituation bedeutet.
Eine Hilfskellnerin, die Vollzeit mit Mindestlohn arbeitet, verdient dann über 300 Euro mehr im Monat als heute.
Und wir sehen erneut: Es war richtig, dass wir vor fast zehn Jahren den Mindestlohn eingeführt haben.
Noch wichtiger für gute Löhne ist aber die Tarifbindung in Deutschland.
Deswegen werden wir auch das Bundestariftreuegesetz auf den Weg bringen. Wer Steuergeld bekommt, um öffentliche Aufträge des Bundes auszuführen, der muss auch nach Tarif bezahlen.
Das ist jetzt wichtiger denn je - ich sage nur das Stichwort „Sondervermögen Infrastruktur“. Wir nehmen jetzt sehr viel Geld in die Hand, um das Land nach vorne zu bringen. Es wird eine Vergabe nach der anderen geben und für die Modernisierung von Brücken, Krankenhäusern und Schulbauten genutzt. Und dabei wollen wir das Steuergeld nicht für Dumpinglöhne einsetzen, sondern für einen fairen Wettbewerb. Und das ist nur gerecht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass man von seiner Arbeit leben kann, ist das eine. Aber es gilt auch: Wer sein Leben lang hart gearbeitet hat, der muss auch im Alter vernünftig abgesichert sein. Deswegen werden wir das Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 sichern. Und wir werden auch die Mütterrente vollenden. Davon profitieren zehn Millionen Eltern. Sie erhalten rund 20 Euro mehr im Monat für jedes Kind, das vor 1992 geboren wurde.
Zusätzlich stärken wir die betriebliche Altersversorgung. Auch die Aktivrente und die Frühstartrente möchte ich hier ausdrücklich nennen. Es kommt auch in Zukunft auf alle drei Säulen an: die gesetzliche Rente, die betriebliche Altersvorsorge und die private Altersvorsorge.
Und was mir auch wichtig ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Wir entwickeln das Behindertengleichstellungsgesetz weiter und gehen einen sehr wichtigen Schritt hin zu mehr gelebter Inklusion in Deutschland.
Je mehr Barrieren wir für Menschen mit Behinderungen abbauen, desto stärker wird unser Land.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 85 Prozent der Deutschen sind stolz auf ihre Arbeit. Und sie schauen genau hin, was mit Steuern und Abgaben geschieht - zu Recht. Deshalb verlieren wir jetzt auch keine Zeit: Wir werden im Sommer intensiv daran arbeiten, dass wir Ergebnisse vorlegen können, um unser Land voranzubringen.
Vielen Dank.