Ministerium

Hubertus Heil würdigt soziales Engagement

Freiwilliges Engagement ist das Fundament unserer solidarischen Gesellschaft. Gerade jetzt wird uns wieder bewusst, wie wichtig es ist, dass sich Menschen füreinander einsetzen. Stellvertretend für alle sozial engagierten Bürgerinnen und Bürger, die sich tagtäglich als Kümmerer, Ideengeber und Vorreiter verdient machen, spricht Hubertus Heil, Bundesminister für Arbeit und Soziales, alle zwei Jahre einigen von ihnen seine besondere Anerkennung aus.

Bundesminister Hubertus Heil hatte dem Bundespräsidenten engagierte Bürgerinnen und Bürger für das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland – und damit für die Erstauszeichnung von insgesamt acht Stufen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland – vorgeschlagen. All diese Menschen haben sich kontinuierlich über einen längeren Zeitraum um die gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe benachteiligter oder älterer Mitmenschen besonders verdient gemacht. Der Bundespräsident ist den Vorschlägen gefolgt und hatte am 13. April 2021 die Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland verliehen.

Im Rahmen einer feierlichen Ehrung am 4. Mai 2021 hat der Bundesminister vier Ordensträgerinnen und Ordensträgern den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland persönlich überreicht.

 

Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhielten:

Ursula große Holthaus aus Lohne, LIFE e.V., Runder Tisch für Integration und Völkerverständigung e.V.

Ursula große Holthaus ist seit vielen Jahren in außerordentlichem Maße ehrenamtlich aktiv. Schon in ihrem Beruf als Lehrerin und Schulleiterin setzte sie sich besonders für die Einführung des muslimischen Religionsunterrichts und für die Umsetzung des Regionalen Integrationskonzeptes ein. Seit 2004 ist Ursula große Holthaus Mitglied des Präventionsrates der Stadt Lohne. Im Arbeitskreis "Prävention durch Integration" ist sie Initiatorin vieler Integrationsprojekte. So engagiert sie sich in einer kommunenübergreifenden Zusammenarbeit für die Integration von Geflüchteten. Besonders am Herzen liegt ihr die Arbeit mit Frauen mit Migrations- und Fluchthintergrund. Sie versucht, bestehende Verhältnisse und Konventionen aufzubrechen und geflüchtete Frauen in Arbeit zu bringen.

Von 2007 bis 2019 war Ursula große Holthaus Vorstandsvorsitzende des Vereins LIFE e.V. (Lohner Initiative zur Förderung des Elementarbereichs). Auch heute noch setzt sie sich für gleiche Bildungschancen für alle Kinder ein. Bei der Einführung von Bildungsplänen für die niedersächsischen Kindertagesstätten sah sie eine große Chance, frühkindliche Bildung zu unterstützen und gleichzeitig die Eigeninitiative der Erzieherinnen und Erzieher bei eigenen Projektideen zu fördern.

Ursula große Holthaus ist darüber hinaus die Vernetzung und die direkte Zusammenarbeit der Kindertagesstätten auf der Projektebene wichtig. Jeder Kindergarten profitiert von den Projektergebnissen aller anderen Einrichtungen. Aber auch die Zusammenarbeit mit den Grundschulen ist für Ursula große Holthaus ein elementarer Bestandteil zur optimalen Unterstützung der Bildungsbiografie eines jeden Kindes. Während ihrer aktiven Zeit nahmen über 2.000 Kinder an rund 80 LIFE Projekten teil und konnten so für naturwissenschaftliche Zusammenhänge begeistert werden.

Seit Ende 2014 ist Ursula große Holthaus Vorsitzende des 1992 gegründeten Runden Tisches für Integration und Völkerverständigung e.V. Besonders hervorzuheben sind hier der Lohner Integrationspakt und das Hauspatenprojekt. Der Lohner Integrationspakt wurde im Jahr 2008 mit dem Ziel ins Leben gerufen, eine langfristig erfolgreiche Weiterentwicklung der Stadt und Gesellschaft in wechselseitiger Toleranz und Offenheit zu schaffen. Mehr als 70 Unternehmen, Vereine, Institutionen und 160 Einzelpersonen haben den Pakt inzwischen unterschrieben.

Das Hauspatenprojekt ist zu Beginn der Flüchtlingskrise 2015 entstanden. Engagierte Bürgerinnen und Bürger helfen Geflüchteten bei alltäglichen Fragen zu Schule, Sprachkursen, Freizeit und Berufsorientierung. Sie fungieren als Fürsprecher etwa bei der Arbeitssuche, da neben der Sprachbarriere immer auch Berührungsängste bestehen.

Mit ihrem vielfältigen Engagement trägt Ursula große Holthaus maßgeblich zur Förderung des Gemeinschaftssinns der Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Lohne bei.

Dr. Thea Hoedt aus Ketzin/Havel, Gründerin des Seniorenrates der Stadt Ketzin/Havel

Seit der Gründung des Seniorenrates der Stadt Ketzin an der Havel Ende des Jahres 2005 steht Dr. Thea Hoedt an dessen Spitze. Sie initiiert und begleitet regionale Netzwerke aus ehrenamtlich Engagierten und professionellen Akteuren, die gemeinsam an besseren Rahmenbedingungen für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben im Alter arbeiten.

Über die Jahre organisierte und unterstützte Dr. Thea Hoedt viele Veranstaltungen im Rahmen der Brandenburgischen Seniorenwoche sowie Wanderungen, Begegnungen mit Partnergemeinden und vieles mehr. Hervorzuheben ist das Bundesmodellprojekt "Aktiv im Alter – Alter schafft Neues", für das die Stadt Ketzin an der Havel im Jahr 2009 ausgewählt wurde. Für die zweijährige Arbeit am Projekt standen 10.000 Euro zur Verfügung. An dem Projekttag "1.000-Wünsche-Box" beteiligten sich 56 Bürgerinnen und Bürger, neben Seniorinnen und Senioren auch Gewerbetreibende, die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH Ketzin und Beschäftigte der Stadtverwaltung. Die meisten Ergebnisse konnten durch die Stadt realisiert werden und wirken bis heute nach, ein großer Erfolg für die Seniorinnen und Senioren. Neben der Realisierung einer Prioritätenliste zum Straßen- und Wegebau, der Anbindung der Stadt an den Regionalzug nach Berlin, Verkehrsteilnehmerschulungen und Wohn- und Demenzberatung wurden auch Ideen für kulturelle Veranstaltungen verwirklicht.

Auch in der jüngeren Vergangenheit konnten mit Hilfe des Engagements von Dr. Thea Hoedt wieder zwei neue Projektideen realisiert werden. Am Dorfgemeinschaftshaus Falkenrehde wurde eine Bocciabahn errichtet, die von Bürgerinnen und Bürgern jeden Alters gern genutzt wird. Außerdem wurden Lesungen zu "Literarischen Spaziergängen" für Seniorinnen und Senioren Wirklichkeit, was wieder ein Stück mehr Abwechslung und Lebensqualität in den Seniorenalltag bringt.

Dr. Thea Hoedt brachte die Seniorenarbeit aber auch strukturell voran und etablierte neben einem Seniorenbeauftragten ein Mitspracherecht bei Entscheidungen der Stadtverordneten der Stadt Ketzin an der Havel. Im Vorstand des Kreisseniorenbeirates Havelland erreichte sie gemeinsam mit Gleichgesinnten, dass der Kreisseniorenbeirat in die Hauptsatzung des Landkreises Havelland aufgenommen wurde.

Dr. Thea Hoedt nutzt Plattformen wie das Innovationsbündnis Havelland oder das Demografie-Forum Havelland zur Vernetzung und Umsetzung eines aktivierenden Seniorenangebotes und gestaltet damit aktiv die Planungsprozesse für die soziale Infrastruktur des Landkreises mit.

Kerstin Stopp aus Chemnitz, Verein zur Förderung von Integration durch Sport e.V.

Kerstin Stopp setzt sich seit über 40 Jahren für Menschen mit Behinderungen ein und ist Vorsitzende des Vereins zur Förderung von Integration durch Sport e.V. Sie ist studierte Lehrkraft mit speziellen Ausbildungen im Bereich Rehabilitationssport.

Nach einem schweren Unfall als Sportstudentin musste Kerstin Stopp das Laufen selbst neu erlernen. Dabei half ihr insbesondere der Wassersport. Durch Fortbildungen, Austausch mit anderen Betroffenen und hartes Training entwickelte sie eigene Ideen und Lösungen, um den gesamten Körper mit der Hilfe der Tiefenmuskulatur aufzurichten. Dieser persönliche Schicksalsschlag zeigte Kerstin Stopp, dass Selbstständigkeit das höchste Gut des Menschen ist. Geprägt von ihren Erfahrungen ist es ihr größtes Anliegen, Menschen mit Behinderungen durch Sport, Bewegung und Stärkung der eigenen Körperwahrnehmung in die Gesellschaft zurück zu holen.

Ihr Engagement begann bereits 1978 mit der Organisation von Freizeitaktivitäten für Kinder mit geistiger Behinderung und deren Eltern. Dafür stieß sie in der ehemaligen DDR auf großen Widerstand und wurde sogar disziplinarrechtlich verurteilt. Nach der Wiedervereinigung gewann der Behindertensport dann an Bedeutung und Kerstin Stopp konnte seit Mitte der 1990er Jahre als Initiatorin und Organisatorin des jährlichen Chemnitzer "Spiel-Sport-Fest der Geistig- und Mehrfachbehinderten" aktiv werden.

Aufgrund der steigenden Anforderungen an das Organisationsteam gründete sie 2001 den Verein zur Förderung von Integration durch Sport. Ziel des Vereins ist es, unterschiedlichste Personengruppen durch Integrationsmaßnahmen im Sportbereich zusammenzubringen und dadurch bestehende Vorurteile und Berührungsängste abzubauen. Das Angebot reicht von Seniorenprojekten bis hin zu Schwimmtrainings und Sportveranstaltungen für Schulklassen, Menschen mit Behinderungen, Rehabilitationsgruppen und Leistungssportler.

Kerstin Stopp trägt mit ihrer jahrzehntelangen Arbeit maßgeblich zur Inklusion im Sport und in der Gesellschaft bei. Sie bringt ältere Menschen, Schulkinder sowie Menschen mit und ohne Behinderungen im Alltag zusammen. Mit ihrer inklusiven Arbeit schafft sie Akzeptanz von Menschen mit unterschiedlichsten Eigenschaften und Fähigkeiten. Sie erweitert damit Horizonte und trägt dazu bei, allen Menschen ein selbstbestimmteres und erfüllteres Leben zu ermöglichen.

Martin Wrasmann aus Gifhorn, Gifhorner Betreuungsverein e.V.

Martin Wrasmann war von 1984 bis 2020 hauptamtlich als Pastoralreferent an der katholischen St.-Alfrid-Gemeinde in Gifhorn und im Bistum Hildesheim tätig. Neben seiner hauptamtlichen Tätigkeit engagierte sich Martin Wrasmann jahrzehntelang in verschiedensten Bereichen ehrenamtlich und prägte damit das soziale und gesellschaftliche Leben in der Stadt und im Landkreis Gifhorn entscheidend mit. Der Einsatz für die Schwächsten der Gesellschaft war ihm dabei immer ein besonderes Anliegen – die Gründung verschiedenster Fördervereine war sein Weg zum Ziel. Er war maßgeblich an der Gründung des Gifhorner Caritasverbands beteiligt, der seit 1993 das Gifhorner Frauenhaus betreibt und allgemeine Sozialberatung anbietet. Zudem engagiert sich Martin Wrasmann im Kuratorium der Hospiz Stiftung für den Landkreis Gifhorn.

Mit der Gründung des Gifhorner Betreuungsvereins konnte unterstützende Betreuung für Menschen mit einer Behinderung oder Krankheit durch ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer organisiert werden. Der Gifhorner Betreuungsverein trägt auch die Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatung für den Landkreis Gifhorn.

Im Jahr 2012 war Martin Wrasmann dann wesentlich an der Gründung des Gifhorner Bündnisses "Bunt statt Braun" beteiligt, das sich für eine tolerante und vielfältige Gesellschaft und gegen rechtsextremes Gedankengut einsetzt und aus Kirchen, Parteien und Vertreterinnen und Vertretern der Zivilgesellschaft besteht. Im Sinne eines Paradigmenwechsels im Umgang mit geflüchteten Personen gründete Martin Wrasmann zusammen mit Diakonie, evangelischer und katholischer Kirche sowie der Gmyrek-Stiftung im Jahr 2016 das Café Aller, eine Beratungs- und Begegnungsstätte für geflüchtete Menschen. Im Jahre 2019 war Martin Wrasmann Mitinitiator des Bündnisses "Sicherer Hafen Landkreis", um die wohlfälligen ersten Signale einer Willkommenskultur in politische und kulturelle Strukturen zu verfestigen.

Ein besonderes Projekt gelang Martin Wrasmann mit der Gründung der deutschlandweit ersten Zwei-Religionen-Kindertagesstätte "Abrahams Kinder" in Gifhorn. In Zusammenarbeit mit der evangelischen Dachstiftung Diakonie, der katholischen St-Altfrid-Gemeinde und der muslimischen DITIB-Moschee lernen Kinder hier in frühen Jahren interreligiöses Zusammenleben, was große Beachtung fand.

Martin Wrasmann setzt sein ehrenamtliches Engagement an den vielen Fronten sozialer Benachteiligung und für ein friedliches Zusammenleben aller Menschen im Landkreis Gifhorn auch im Ruhestand fort.