"Die Zeit ist reif, guter Arbeit weltweit zu ihrem Recht zu verhelfen!" Mit diesen Worten gab Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zusammen mit Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft den Startschuss zur gemeinsamen Initiative "Standards in Lieferketten".
Auf einer zweitägigen Konferenz in Berlin berieten die beiden Minister mit über 400 hochrangigen Vertreterinnen und Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gewerkschaften, sowie Verbänden und Nichtregierungsorganisationen aus G7-Ländern und aus Herstellerländern über konkrete Umsetzungsschritte für eine stärkere Verankerung von internationalen Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards in globalen Lieferketten.
Es gehe vor allem um den Anstoß von strukturellen Veränderungen weltweit. Der indische Friedensnobelpreisträger Kailash Satyarthi begrüßte die Initiative der beiden Minister: "Deutschland hat ein mutiges Zeichen gesetzt." Satyarthi erinnerte in seiner Eröffnungsrede an die Fortschritte im Kampf gegen Kinderarbeit, die dank breiter Unterstützung aus Deutschland seit Beginn der 90er Jahre erzielt worden seien.
Weltbankpräsident Jim Yong Kim betonte, die G7-Staaten könnten ein starkes Signal aussenden, dass gute Arbeit weltweit möglich ist. Gemeinsam mit ILO-Generalsekretär Guy Ryder und OECD-Chef Angel Gurria sprach er sich für eine enge internationale Zusammenarbeit und globale Partnerschaft aus.
Ein zentrales Thema der Konferenz war die Frage der Prävention: "Alle 15 Sekunden stirbt ein Menschen durch einen Arbeitsunfall oder eine berufsbedingte Krankheit", so Andrea Nahles. Abgesehen von millionenfachem menschlichem Leid habe dies auch eine volkswirtschaftliche Dimension: "Allein durch Arbeitsunfälle und arbeitsbedingte Erkrankungen entsteht weltweit ein Schaden von 2,8 Billionen US-Dollar pro Jahr." Dies entspreche vier Prozent der globalen Wertschöpfung. "Das können und dürfen wir uns nicht leisten", so die Bundesarbeitsministerin.
Ein globaler Fonds ("Vision Zero Fund") könne hier Abhilfe schaffen. Gespeist unter anderem aus freiwilligen Beiträgen von Unternehmen aus G7-Staaten, soll der Fonds beispielsweise für Investitionen in den Feuerschutz, die Ausbildung von Sicherheitsinspektoren und den Aufbau von Unfallversicherungen in Herstellerländern genutzt werden. Voraussetzung ist, dass diese ihrerseits ernsthaft die Arbeitsbedingungen verbessern wollen. "Der große Wert des Vision Zero Fund liegt in seiner praktischen Dimension. Ich hoffe sehr, dass wir diese Vision Wirklichkeit werden lassen können - zusammen mit unseren G7-Freunden, und auch global mit den Sozialpartnern an Bord", bekräftigte ILO-Generalsekretär Guy Ryder.
Beschäftigte in Herstellerländern müssen zudem besser in die Lage versetzt werden, mit ihren berechtigten Beschwerden gegen unzumutbare Arbeitsbedingungen Gehör zu finden, auch über Ländergrenzen hinweg. Unternehmensinterne und staatliche Mechanismen zur Beschwerde und Schlichtung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sollen hierfür deutlich gestärkt werden. OECD-Chef Angel Gurria sprach hierfür seine Unterstützung aus und betonte, dass es darum gehen muss, bestehende Mechanismen wie die nationalen OECD-Kontaktstellen aktueller, praxisorientierter und sichtbarer zu machen.
Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Unterstützung von kleineren und mittleren Unternehmen in den G7-Staaten, um diese in Lage zu versetzen, soziale Verantwortung entlang der Lieferkette zu übernehmen.
"Wir haben den Auftrag aus der Konferenz aufgenommen und werden unsere Ziele konkretisieren", sagte Andrea Nahles, Bundesministerin für Arbeit und Soziales. Im Juni bei den G7-Verhandlungen auf dem Gipfel in Elmau werde Deutschland die Vorschläge gut platzieren. "Die Welt ist eine Welt - und unsere Verantwortung" bekräftigte Dr. Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Die Industrieländer müssten ihrer Verantwortung gegenüber den Menschen in Afrika und Asien gerecht werden.
Beide Minister wollen für Herbst ihre G7-Kollegen zu einer gemeinsamen Konferenz der Arbeits- und Entwicklungsminister einladen, um die Ergebnisse des Prozesses zu präsentieren. Es gehe um "ganz konkrete Initiativen, um handfeste Verbesserungen, die das Leben vieler Millionen Menschen auf der Welt positiv beeinflussen können", so Andrea Nahles.